"Was ist jetzt mit der Medienrevolution?"
Am Freitag haben deutsche Medienmacher und Blogger auf der Konferenz re:publica in Berlin das Verhältnis zwischen alten und neuen Medien diskutiert. Auch der viel beschworene "Citizen Journalism" kam aufs Tapet.Dass die Zeitung sterben werde oder gar tot sei - wie eine während der Diskussion verteilte Papierausgabe des Berliner Weblogs Spreeblick titelte -, glaubten die Diskutanten beim Panel "Wie überholt sind die alten Medien, wie innovativ die neuen?" nicht.
Davon, dass Printprodukte jedoch Probleme haben, sich dem neuen Medienumfeld anzupassen, war das mit Mercedes Bunz [de:bug, "Tagesspiegel" online], Jochen Wegner ["Focus" online], Thomas Knüwer ["Handelsblatt"] und Johnny Haeusler [Spreeblick] besetzte Podium aber überzeugt.
"In den 80er Jahren stecken geblieben"
Die deutschen Zeitungen seien in den 80er Jahren stecken geblieben, meinte Knüwer, der sich mit dem "Handelsblatt"-Weblog Indiskretion Ehrensache und dem Podcast bel etage mittlerweile auch im Netz ein Standbein geschaffen hat.
Die Zeitungen hätten es nicht verstanden, ihre Rolle in der neuen Medienlandschaft zu definieren. Anstatt ihr Profil zu schärfen, dächten viele Zeitungsmacher, dass Zeitungen aussehen müssten wie das Internet, kritisierte der Journalist.
Lange Texte auch im Netz
Tageszeitungen und Online-Medien würden sich wohl auch weiterhin ergänzen, hieß es. Dennoch werde das Netz nicht ausschließlich für die aktuelle Berichterstattung herangezogen werden und Zeitungen nicht ausschließlich für die Hintergründe zu den "schnellen" Nachrichten im Web zuständig sein. Auch im Netz würden lange Texte mittlerweile gelesen, meinte Focus.de-Chefredakteur Wegner.
Glaubwürdigkeit hinterfragen
Von der Glaubwürdigkeit von Zeitungen und Weblogs wollte man zwar nicht reden, tat es dann aber doch. Es sei an der Zeit, auch die Glaubwürdigkeit in alten Medien zu hinterfragen, meinte Knüwer. Dazu müsse man nur in den Bahnhofskiosk gehen und werde schnell merken, dass der Anteil diesbezüglich fragwürdiger Produkte im zweistelligen Prozentbereich liege.
Die Frage, ob man einer Quelle vertraue, habe viel mit den Erfahrungen zu tun, die man mit dieser Quelle mache, meinte Haeusler. Dafür müsse man letztlich ein Gefühl entwickeln.
Marken statt Medien
Marken werden wichtiger, meinte Bunz: "Während man heute vom Medium der Tageszeitung oder Online-Medien spricht, wird man künftig von Marken reden, die als vertrauenswürdige Informationsquellen herangezogen werden. Man liest ja auch schon heute Blogs denen man traut", sagte sie. "Das wird spannend."
Auch Fernsehen vor Veränderung
Aber nicht nur die Printprodukte, sondern auch die TV-Sender müssten sich schon der Konkurrenz aus dem Netz stellen.
"Die Fernsehleute wissen noch nicht, was auf sie zukommt", meinte Knüwer. Technologien wie Apple TV würden mittelfristig das Fernsehen verändern, die Sender müssten innovativer werden, sonst würden sie mit Ausnahme von Live-Berichten "abgekoppelt", so Knüwer.
Videos werden jedenfalls in die Online-Angebote deutscher Medien zunehmend integriert. "Wir machen Bewegtbild-Journalismus, der aber immer noch in ein Gesamtkonstrukt eingebettet ist, das textlastig ist", sagte Wegner.
Schwierigkeiten mit "Citizen Journalism"
Während aus dem Publikum die Frage kam: "Was ist jetzt mit Medienrevolution?", machten sich bereits die nächsten Diskutanten bereit. Auf dem Tapet stand das Thema Bürgerjournalismus ["Citizen Journalism"].
Er habe mit dem Begriff Bürgerjournalismus Schwierigkeiten, meinte der deutsche Weblog-Pionier Jörg Kantel [Schockwellenreiter], denn vom Bürgerjournalismus könne man nur dann sprechen, "wenn der Bürger auch im Besitz der Produktionsmittel ist". Das sei etwa beim Großteil der Weblogs der Fall, nicht jedoch bei Anbietern, die versuchen würden, an billigen Content von anderen Leuten zu kommen.
"Content-Vieh"
Katharina Borchert, die für die deutsche WAZ-Gruppe gerade einen Online-Auftritt [WestEins] konzipiert, bei dem auch die Bürger zu Wort kommen sollen, wehrte sich: "Ich leite nicht billiges Content-Vieh in die Wege."
Das Bedürfnis der Leute nach Partizipation sei jedoch sehr groß. Im Übrigen würden die Diskussion über "Citizen Journalism" fast ausschließlich von den Medien und der Wissenschaft geführt, die Beteiligten interessieren sich eigentlich nicht dafür, meinte Borchert.
"Masche der klassischen Medienvertreter"
"Die Leute schreiben etwas, wenn sie etwas zu sagen haben", meinte Hugo E. Martin von der ReadersEdition. Die ReadersEdition würde diesen Leuten eine Plattform bieten, sagte er. Kategorisierungen und Labels seien eine Masche der klassischen Medienvertreter, die sich abgrenzen wollen.
Künftig wolle die ReadersEdition versuchen, verstärkt Themenkompetenz zu entwickeln, etwa zum Klimawandel und "Social Media", kündigte Martin an.
Profit statt lokaler Themen
Die Bürgermedien seien dann wichtig, wenn es um die Behandlung von Themen gehe, die in etablierten Medien keinen Platz finden, meinte der Weblog-Autor Jens Matheuszik [Pottblog], der selbst oft regionale politische Themen aus dem Ruhrgebiet aufgreift.
"Hier müsste Bürgerjournalismus ansetzen", meinte auch Kantel. Die Zeitungen hätten aus Profitinteresse damit aufgehört, lokale Themen zu behandeln, kritisierte er. Sein Wohnbezirk Neukölln finde etwa in der Presse nicht statt, ähnlich verhalte es sich auch mit gewissen Sportarten, über die man in Zeitungen nichts lesen könne, etwa Damen-Rugby.
Die Zukunft des Bürgerjournalismus
In Zukunft werden Videos bei Bürgermedien verstärkt in den Vordergrund treten, beantwortete Kantel die Frage, wie die Zukunft des Bürgerjournalismus aussehen werde. Dem schloss sich auch Martin an: "Multimediale Formen werden einen wesentlichen Teil der Bürgermedien ausmachen."
Der Begriff Bürgerjournalismus werde verschwinden, meinte Matheuszik. Der sei nicht zuletzt durch die "Bild"-Zeitung diskreditiert worden. Aber immer mehr Leute werden das Netz dazu nutzen, um "ihre Meinung zu sagen", so der Blogger.
Weiterhin Randphänomen
"Bürgermedien werden auch künftig ein Randphänomen bleiben", sagte Borchert. Es werde auch weiterhin mehr Konsumenten als Produzenten geben. Die Zukunft des Bürgerjournalismus, zeigte sie sich überzeugt, liege jedoch definitiv in lokalen Inhalten.
Kurze URL:
Das könnte Dich auch interessieren:
Sie konnten den Einsatz des seltenen Metalls Iridium um 95 Prozent reduzieren, ohne an Effizienz einzubüßen.
Eine Pilotanlage steht bereits in Kanada, nun soll die Batterie im großen Stil in Australien gebaut werden.
Ähnliche News:
Besitzer erstaunt: Waschmaschine verbrauchte 3,7 Gigabyte an Daten pro Tag
Wie laaft's, KärntenGPT? Was hinter der Kärnten-KI steckt
Wasserstoffzug fährt 2.800 Kilometer ohne zu tanken
Was österreichische Forschende von Elon Musks Gehirnchip halten
Wasserflugzeug soll 100 Tonnen Fracht transportieren
52Pi Water Cooling Kit: Eine Wasserkühlung für den Raspberry Pi 5
Fabrik macht aus Salzwasser Süßwasser und fängt CO2 ein
Feuerwehr braucht 136.000 Liter Wasser, um Tesla zu löschen
Amazon will eigenen Wasserstoff für Fahrzeuge herstellen
Nvidia Geforce RTX 4090D: Ein exportfähiger Drache mit etwas weniger KI
Wie laaft's, KärntenGPT? Was hinter der Kärnten-KI steckt
Wasserstoffzug fährt 2.800 Kilometer ohne zu tanken
Was österreichische Forschende von Elon Musks Gehirnchip halten
Wasserflugzeug soll 100 Tonnen Fracht transportieren
52Pi Water Cooling Kit: Eine Wasserkühlung für den Raspberry Pi 5
Fabrik macht aus Salzwasser Süßwasser und fängt CO2 ein
Feuerwehr braucht 136.000 Liter Wasser, um Tesla zu löschen
Amazon will eigenen Wasserstoff für Fahrzeuge herstellen
Nvidia Geforce RTX 4090D: Ein exportfähiger Drache mit etwas weniger KI
Weitere News:
Linus Torvalds nutzt eine Arm64-Workstation
Nvidia und Mediatek sollen gemeinsames Arm-SoC entwickeln
Nio stellt elektrisches Familienauto für 28.000 Euro vor
Thunderbolt Share: Intel vereinfacht die lokale Dateiübertragung
Breachforums: FBI nimmt berüchtigtes Hackerforum vom Netz
Neuralink hat das Problem mit abgelösten Drähten gekannt
Netflix streicht die Download-Funktion aus Windows-App
Datenleck bei Dr. Ansay: CEO wirft Bing und Duckduckgo kriminelles Verhalten vor
Gemini Nano: Google stellt kompakte KI-Modelle für Android vor
Kia EV6 mit mehr Reichweite, Ausstattung und größerem Akku
Nvidia und Mediatek sollen gemeinsames Arm-SoC entwickeln
Nio stellt elektrisches Familienauto für 28.000 Euro vor
Thunderbolt Share: Intel vereinfacht die lokale Dateiübertragung
Breachforums: FBI nimmt berüchtigtes Hackerforum vom Netz
Neuralink hat das Problem mit abgelösten Drähten gekannt
Netflix streicht die Download-Funktion aus Windows-App
Datenleck bei Dr. Ansay: CEO wirft Bing und Duckduckgo kriminelles Verhalten vor
Gemini Nano: Google stellt kompakte KI-Modelle für Android vor
Kia EV6 mit mehr Reichweite, Ausstattung und größerem Akku
Einen Kommentar schreiben
Kommentare
Bitte bleibe sachlich und fair in deinen Äußerungen. Sollte dein Kommentar nicht sofort erscheinen, ist er in der Warteschlange gelandet und wird meist zeitnah freigeschaltet.
(0)
Bitte bleibe sachlich und fair in deinen Äußerungen. Sollte dein Kommentar nicht sofort erscheinen, ist er in der Warteschlange gelandet und wird meist zeitnah freigeschaltet.
Kommentare:
Du hast bereits für diesen
Kommentar angestimmt...
;-)
© by Ress Design Group, 2001 - 2024