Kefir am 17. Nov. 2010 um 11:40 |  1 Kommentar | Lesezeit: 5 Minuten, 45 Sekunden

Hacker zaubern mit Microsofts Kinect



Keine zwei Wochen hat es gedauert. Sofort stürzten sich Hacker auf das Kamerasystem Kinect für die Xbox 360 - trotz aller Drohungen von Microsoft. Sogar ein Geldpreis wurde für den besten Hack ausgelobt. Und schon gibt es verblüffende Anwendungen für die 3-D-Kamera, die man gesehen haben muss.

Microsofts Konsolen-Kamerasystem namens Kinect verkauft sich offenbar hervorragend. Dem Unternehmen zufolge hat man in den ersten zehn Tagen seit dem Start in den USA - in Europa gibt es das System seit dem 10. November - weltweit bereits eine Million Kinect-Systeme abgesetzt. Doch mit der Hardware, die Bewegungsspiele für die Xbox 360 ermöglicht, werden nicht nur die Dinge angestellt, die Microsoft vorgesehen hatte. Direkt nach der Markteinführung in den USA hatte ein Hardwarehersteller eine Belohnung ausgelobt: Das kleine US-Unternehmen Adafruit bot zuerst 1000, dann 2000 und schließlich 3000 Dollar für den ersten Hack, der Kinect für nicht vorgesehene Nutzungsweisen öffnen würde. Microsoft reagierte ungehalten.

"Microsoft duldet die Modifikation seiner Produkte nicht", teilte ein Unternehmenssprecher mit. In Kinect sei "eine Vielzahl von Hard- und Software-Schutzmechanismen" eingebaut, die einen Missbrauch verhindern könnten. Man arbeite "eng mit den Strafverfolgungsbehörden" zusammen, um Kinect weiterhin vor "Herumpfuscherei" zu bewahren.

Die Hardware-Befreier dieser Welt ließen sich erwartungsgemäß nicht von Microsofts Drohungen abhalten. Für Apple, Sony oder jedes andere Unternehmen, das High-Tech-Hardware herstellt, gilt das gleiche: Irgendwer findet sich immer, der die Geräte von ihren Herstellerfesseln befreit. Auch mit Nintendos Wii-Technologie stellten Entwickler schnell höchst erstaunliche Dinge an.

Bei Kinect dauerte es etwa eine Woche. Dann tauchten die ersten Demonstrationen auf, in denen die doch eigentlich als Konsolenerweiterung gedachte 3-D-Kamera plötzlich an einen PC angeschlossen wurde. Die ersten Anwendungen waren noch eher bescheiden - so brachte ein Programmierer den schwenkbaren, motorisierten Kinect-Kopf von einem Windows-PC aus dazu, brav zu nicken.



Dann aber veröffentlichte ein Entwickler namens Hector Martin eine Treibersoftware, mit der sich Kinect offenbar vollständig (wenn auch noch nicht optimal) vom Rechner aus ansteuern lässt. Was Microsoft übrigens offiziell nicht als verfolgenswerten Hack betrachtet: Die Integrität der Hard- und Software sei ja nicht berührt, es habe nur jemand Treiber entwickelt, um Kinect auch mit anderen Geräten - sprich: Computern - zu verbinden.



3-D-Simulation des Raumes, in dem man gerade sitzt
Kurz darauf erschien die erste, durchaus naheliegende Kinect-Anwendung: ein Multitouch-Interface, mit dem sich mit zwei Händen etwa Fotos drehen und vergrößern lassen.



An so etwas arbeitet man bei Microsoft vermutlich auch schon. Was der deutsche Softwarentwickler Oliver Kreylos an der University of California in Davis nun aus den Möglichkeiten des Kamerasystems gemacht hat, dürfte auch in Redmond den einen oder anderen überrascht haben. Zu erklären, was Kreylos da anstellt, ist nicht ganz leicht: Er nutzt die Daten, die Kinect auswirft, um ein aktuelles, dynamisches 3-D-Modell des Raumes zu errechnen, den die Kamera gerade aufnimmt. Am besten sieht man sich das im Video selbst an:



Kreylos kann mit der Maus eine virtuelle Kamera durch den 3-D-Raum fliegen lassen, den er selbst erschaffen hat. Sein Abbild sitzt gewissermaßen in einem Computermodell des Raumes, in dem er sich tatsächlich aufhält. Die Illusion bricht erst da zusammen, wo die virtuelle Kamera in Bereiche blickt, die die echte Kinect-Kamera nicht sehen kann. Deshalb ist der simulierte Oliver Kreylos nur halb vorhanden, die hintere Hälfte seines Kopfes und Körpers sind unsichtbar, Teile des Raumes verlieren sich in schwarzen Schatten.



Wie gut die Raumsimulation ist, zeigt Kreylos in einem weiteren Video, indem er den Kinect-Karton vermisst - erst real, mit einem Lineal, dann virtuell, in seinem simulierten Raum.

Und siehe da: Die in 3D simulierte Box ist genauso lang wie die echte.

Microsoft reagierte auf die phantastischen Ergebnisse, die Entwickler ohne jede Erfahrung mit Kinect innerhalb weniger Tage aus dieser jahrelang vorbereiteten Technologie herausgeholt haben, nur mit einem sehr dürren Statement: Man unterstütze die Entwicklung solcher Treiber, die Kinect unabhängig von der Konsole nutzbar machen, nicht. "Wir ermutigen unsere Kunden, Kinect für Xbox 360 in Verbindung mit der Xbox 360 zu benutzen, um die bestmögliche Erfahrung zu garantieren."

Man kann nur hoffen, dass die Personalabteilung des Unternehmens, noch bevor diese Pressemitteilung veröffentlicht wurde, andere Briefe an Kreylos und die anderen Kinect-Hacker verschickt hat: Einladungen zum Vorstellungsgespräch.


Quelle: spiegel.de





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