Chaotischer Start der Vorratsdatenspeicherung
Chaotisch und dilettantisch ist der größte Grundrechtseingriff der zweiten Republik organisiert - grundlegende Mindeststandards im Datenschutz werden derzeit nicht erfüllt - BürgerInnen, Telekom- und Internetanbieter wissen drei Tage vor Start nicht, ob sie von Vorratsspeicherung betroffen sind - ARGE DATEN hat bei Datenschutzkommission Antrag auf sofortigen Stopp der Speicherung gestellt - "operate und violate" ist offenbar der Grundsatz von BMVIT-Ministerin BuresMit 1. April 2012 müssen bestimmte Internet- und Telefonanbieter das Kommunikationsverhalten ihrer Kunden sechs Monate "auf Vorrat" speichern. Wer mit wem telefoniert hat, wer wem ein SMS oder eMail geschickt hat, wer im Internet war und in welcher Mobilfunk-Zelle jemand telefoniert hat wird aufgezeichnet. Von jedem Berüger, egal ob verdächtig oder unbescholten, frei nach dem Motto "verdächtig sind alle".
Alle bis zu diesem Zeitpunkt vorhanden Betriebsdaten der letzten sechs Monate dürfen nicht mehr gelöscht werden und werden automatisch zu "Vorratsdaten" erklärt.
Seit knapp einem Jahr existiert das Gesetz, wie sich jetzt herausstellt, wurden die Vorbereitungen offenbar völlig chaotisch abgewickelt.
Wesentlicher Kern der Vorratsdatenspeicherung ist die sogenannte Durchleitstelle, eine vom BMVIT eingerichtete und vom Bundesrechenzentrum betriebene Stelle, die die Vorratsdaten von den Anbietern zu Polizei und Justiz weiterleitet.
Diese Datenverarbeitung wurde weder von der verantwortlichen Ministerin Bures, noch vom Bundesrechenzentrum zeitgerecht bei der Datenschutzkommission zur Genehmigung gemeldet!
Sowohl der schon jetzt laufende Probebetrieb, als auch der mit 1. April startende Echtbetrieb erfolgen damit entgegen den Bestimmungen des Datenschutzgesetzes.
Keine Rechtssicherheit, wer überhaupt Vorratsdaten sammeln muss
Zur Vorratsdatenspeicehrung sind Anbieter nur dann verpflichtet, wenn sie 2012 eine geplante Umsatzgrenze von 277.000 Euro überschreiten. Rund 142 Unternehmen sind das, wieviele und welche es tatsächlich sind, will sich das BMVIT nicht festlegen. Viele kleine Internetprovider fallen nicht darunter.
Drei Tage vor Start der Datenspeicherung gibt es keine verbindliche Liste wer speichern muss und wer nicht.
Die Bürger, aber auch die Anbieter haben derzeit keine sichere Möglichkeit zu erfahren, wer darunter fällt.
Hans G. Zeger: "Gerade in der eMail-Nutzung kann es ein wesentliches Kriterium für die Auswahl des Anbieters sein, zu wissen, ob ein Provider den eMail-Verkehr "bevorratet" oder er keine Aufzeichnungspflicht hat."
Kleinere Anbieter, bei denen die Aufzeichnungspflicht fraglich ist, können sich de facto nicht rechtmäßig verhalten. Speichern sie ohne Verpflichtung, dann haben sie eine Verwaltungsdstrafe am Hals, speichern sie nicht, obwohl später die Polizei meint, sie wären verpflichtet gewesen, dann droht ebenfalls ein teures Verwaltungsverfahren.
BM Bures zur Auskunft der speicherpflichtigen Anbieter aufgefordert
Die ARGE DATEN hat mit 29.3.2012 Frau BM Bures aufgefordert rechtsverbindlich vor Start der Speicherpflicht allen BürgerInnen bekannt zu geben, wer tatsächlich zur Vorratsdatenspeicherung verpflichtet ist. Es ist der Anspruch jedes Bürgers zu wissen, in welchem Umfang er von einem Gesetz betroffen ist.
Es passt zum beamteten Dilettantismus, dass auch zu dieser Liste der vorratspflichtigen Anbieter keine Genehmigung bei der Datenschutzkommission beantragt wurde. Bestehende Datenschutz-Gesetze ignorieren, "operate und violate" ist offenbar der Grundsatz von BMVIT-Ministerin Bures.
Anbieter agieren im rechtsfreien Raum
Auch die speicherpflichtigen Anbieter sind verpflichtet ihre Datenspeicherung beim Datenverarbeitungsregister zu melden. Dies ist bei der überwiegenden Zahl nicht erfolgt. Die Registrierung unterblieb schon allein deswegen, da vielen nicht klar ist, ob sie überhaupt unter die Verpflichtung fallen und welche Daten letztlich tatsächlich aufgezeichnet werden sollen.
Sofortiger Stopp der Vorratsspeicherung
Alle wichtigen Datenverarbeitungen zur Vorratsdatenspeicherung sind derzeit nicht genehmigt. Solange nicht alle rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind, muss die Vorratsspeicherung ausgesetzt werden. Die ARGE DATEN hat daher mit 28. März 2012 bei der Datenschutzkommission den Antrag auf sofortigen Stopp der Speicherung gestellt.
Es stimmt äußerst bedenklich, dass beim massivsten Grundrechtseingriff der Zweiten Republik, der mit Terrorbekämpfung, Rechtsstaatlichkeit und Sicherheit begründet wird, die bestehenden Bestimmungen, besonders die Datenschutzbestimmungen missachtet werden.
Quelle: ARGE DATEN
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